Interview mit Herrn Zelenka

 

Frage:„ Wie war es im Kinderlager?“

Zelenka:„Wir wurden dort gedrillt Deutsch zu lernen, hatten dafür aber recht gute Lebensbedingungen, in Österreich war es dafür schlimmer. Aber heute verstehe ich nur noch wenig deutsch.“

Frage:„Wie wurde das Männergrab gefunden?“

Zelenka:„Dort wo heute die Gedenkstätte steht, wurde früher Getreide angebaut und um diese zu bestellen wurden Pferde benötigt. Allerdings wollten diese nicht über die Stelle laufen, an der die Leichname begraben wurden. Man vermutet, dass sie das Kalk gewidert haben, welches zur Desinfektion der Leichname vor dem Begraben darüber gestreut wurde. Aber das Grab wurde nie geöffnet.“

Frage:„Wie waren die Adoptiveltern?“

Zelenka:„Also man konnte sich eigentlich nicht beschweren, der Vater war sehr nett zu mir, allerdings war meine Adoptivmutter eine Hexe.“

Frage: „Wie war das Wiedertreffen mit Ihrer Mutter nach dem Krieg?“

Zelenka: „Nun, ich konnte mich nicht wirklich an meine Mutter erinnern, da ich ja erst vier Jahre alt war, als ich von ihr getrennt wurde. Doch in Träumen und in Erinnerung hatte ich eine Frau im grünen Kleid und nachdem ich mit meiner Mutter geredet hatte, erzählte sie mir, dass sie früher oft grüne Kleider getragen hatte.“

Frage:„Haben Sie ihren Adoptivvater noch einmal getroffen?“

Zelenka: „Sie haben sich an unserem Jahrestag, also der Tag an dem ich in die Familie aufgenommen wurde, mit einem Brief gemeldet. Daraufhin lud ich sie zu mir ein, allerdings teilten sie mir leider mit, dass sie schon zu alt für die Reise seien und deswegen nicht kommen würden. Einige Jahre später jedoch, als mein Adoptivvater an Krebs verstorben war, meldete sich meine Adoptivmutter erneut per Brief um mir dies mitzuteilen und um mich zu besuchen. Allerdings musste ich sie schriftlich, also per Brief, zu mir einladen, da sie sonst nicht nach Tschechien hätte einreisen dürfen. Als sie dann kam, wurde sie von der Polizei zu mir gebracht und verbrachte zwei Wochen hier. Ich war aber auch froh, als sie wieder weg war.“

Frage:„Wie war es für sie hierhin zurück zu kehren?“

Zelenka:„Nun ja, ich war ein neunjähriger Junge, der nichts hatte, aber einige Verwandte halfen mir. Außerdem nimmt man ja als Kind alles anders auf.“

Frage:„Wie war die Erziehung in Deutschland?“

Zelenka: „Ich wurde dazu gezwungen alle Traditionen und Bräuche zu lernen.“

Frage:„Wie ist ihre Beziehung zu den Bekannten aus ihrer Kindheit in Deutschland?

Zelenka:„Ich habe über Jahre Freundschaften in Westberlin und Bremen aufrecht erhalten und wir haben uns hin und wieder getroffen.“

Frage:„Wie war es für Sie in der kommunistischen Zeit?“

Zelenka:„Ich habe schon damals immer gesagt, was ich dachte und wollte. Z.B. fand ich auch die Okkupation der Sowjetunion nicht gut und habe dies auch so geäußert. Die heutige Politik finde ich allerdings eine Schweinerei.“

Frage:„Konnten Sie nach Ihrer Rückkehr wieder tschechisch?“

Zelenka:„In Deutschland war ich der „Tscheche“ und wieder zurück in Tschechien, war ich der „Deutsche“.“

Frage:„Wie war Ihre Beziehung zur deutschen Familie?“

Zelenka:„Die Familie wusste gar nicht, dass meine Heimat, Lidice, zerstört worden war. Aber sonst haben sie mich herzlich in die Familie aufgenommen, auch wenn die Mutter oft ziemlich böse war und mich geschimpft hat.“

Frage:„Wie erlebten Sie die Wiedervereinigung Deutschlands am 3.Oktober?

Zelenka:„Zu dieser Zeit war ich in Bremen und dort war eine große Demonstration gegen die Wiedervereinigung, an der junge bis mittelalte Leute teilnahmen.“

Frage:„Haben Sie erzählt, dass Sie in Deutschland gelebt haben, nachdem Sie zurückgekehrt sind?“

Zelenka:„Nicht jedem. Wer allerdings Interesse hatte oder mir näher stand, dem erzählte ich meine Geschichte. Einige meiner Freunde haben Witze über mich gemacht, wegen meiner deutschen Mutter, die mich besucht hatte.“

Frage:„Haben Sie den Film „Lidice“ gesehen?“

Zelenka:„Nein, habe ich nicht, aber die Bewohner von Neu Lidice, die ihn gesehen haben und mir davon berichtet haben, meinten, dass ihnen der Film gar nicht gefallen hat und er nicht authentisch ist.

Frage:„Wohnen Sie immer noch in Lidice und was bedeutet es jetzt für Sie, wo Sie wissen, was alles passiert ist?“

Zelenka:„Ja, ich lebe noch hier. Mittlerweile habe ich sogar 6 Enkelkinder.“

 

Von Selina Magenheimer und Ann-Kathrin Venz