Die Niederschlagung des Prager Frühlings (21.08.1968) und dessen Folgen

Kernaussagen

Am 21. August 1968 fielen Truppen des Warschauer Paktes aufgrund von konterrevolutionären Gedanken in die CSSR ein. Das Volk wehrte sich und die führenden Politiker der CSSR verhandelten mit den Politikern der Sowjetunion in Moskau über eine „Normalisierung“ der Lage in der Tschechoslowakei. Nach mehreren Verhandlungen kam es teilweise zu Truppenabzügen.

 

Historischer Kontext

Der Prager Frühling, der mit dem Führungswechsel in der KPČ am 4. Januar 1968 eingeläutet wurde, führte zu großen Unstimmigkeiten in den Ostblockstaaten Europas.[1] Dies hatte zur Folge, dass am 21. August 1968 Truppen des Warschauer Paktes (Sowjetzone, Polen, Ungarn, Bulgarien, DDR) in die CSSR einfielen und alle strategisch wichtigen Punkte in der Nacht vom 20. auf den 21. August ohne großen Widerstand des Militärs einnahmen. Die Hauptverantwortung dieser Invasion wurde SED-Chef Walter Ulbricht zugeschrieben. Zudem wehrte sich das tschechische Volk, welches Barrikaden in Prag am Wenzelplatz errichtete. Infolge der Invasion wurden Partei- und Regierungsmitglieder der KPČ, Parteichef Dubcek und Staatspräsident Svoboda in der Prager Burg festgehalten. Den Einmarsch rechtfertigte die Sowjetunion (SU) mit einem Hilferuf der führenden Politiker der Tschechoslowakei aufgrund von Verschwörungen der Konterrevolutionäre mit antisozialistischen Kräften außerhalb des Landes, zu denen angeblich auch Westdeutschland zählt.[2] Daraufhin bat der Außenminister der CSSR, Hajek, die UNO um Hilfe, da die Begründung für die Invasion durch den Warschauer Pakt nicht als wahrheitsgemäß angesehen werden konnte.[3] Das Parteipräsidium der tschechischen Kommunistischen Partei (KP) sowie die Kabinettminister und die Mitglieder der Nationalversammlung forderten den Rückzug der Truppen, da sie eine schwerwiegende Verletzung der internationalen Rechte sahen. Deswegen stellte die KP das Ultimatum, dass die Truppen innerhalb von 24 Stunden aus dem Land abziehen und die Gefangenen freigelassen werden sollten, da sonst ein Generalstreik drohen würde. Die Sowjetunion reagierte mit einem Versammlungsverbot, sowie einem Verbot von Flugblättern, Druckschriften und der Gefangennahme mehrerer Intelektueller. Desweiteren wurde die Grenze zwischen der DDR und der CSSR für Normalbürger geschlossen und Post- sowie Telefonverkehr waren kaum für die Bürger möglich. Obwohl tschechische Radiosender den Menschen von Demonstrationen abrieten, kam es zu mehreren Widerständen am Wenzelplatz. Ebenso kam es zu Protesten vor der sowjetischen Botschaft in Deutschland.[4] Trotz der Tatsache, dass Ostdeutschland selbst am Angriff auf die CSSR beteiligt war, stellten die Bürger der DDR sich auf die Seite dieser, verteilten Flugblätter und unterschrieben Petitionen. Diese Proteste standen unter dem Motto „Niemand ist zu dumm, selbst zu denken“.[5] Auch Polen entschuldigte sich mit Blumen vor der tschechischen Botschaft. Svoboda reiste, wahrscheinlich als Gefangener, nach Moskau, um dort mit Russland zu verhandeln, welches eine Kollaborationsregierung[6] für die CSSR forderte. Währenddessen wurde in Tschechoslowakei der Generalstreik[7] durchgesetzt. Außerdem stellte sich heraus, dass der Übergriff auf die Tschechoslowakei schon länger geplant war[8], wobei die Sowjetzone klar stellte, dass sowohl die NATO als auch Westdeutschland über den Einfall informiert worden sei.[9] Als die UNO die SU wegen ihrer Ostblock-Invasion verurteilen wollte, machte jene von ihrem Veto-Recht Gebrauch, um dies zu verhindern. Westdeutschland legte, um seine Verbundenheit zur CSSR auszudrücken, die Verhandlungen[10] mit Ostdeutschland nieder[11]. Ebenso wurde dadurch eine Rede des Bonner Kanzlers[12] als Kriegserklärung an die SU angesehen. Sie forderten in dieser, dass Bonn seinen Einfluss auf die SU unterlassen sollte.[13] Nach mehreren Verhandlungen kam es zu der Einigung, dass die Parteimitglieder in ihren Ämtern bleiben durften, die meisten Truppen abgezogen werden sollten, die Pressezensur eingeführt und das Aktionsprogramm[14] beibehalten wurde.[15] Desweiteren wurde herausgestellt, dass die CSSR an einer Freundschaft mit der Sowjetunion interessiert waren. Allerdings wurde klar, dass die Beschlüsse der Einigung schwer in den Parteigremien durchzusetzen waren.[16] Stattdessen forderten sie eine Wiedergutmachung durch den Warschauer Pakt, da die Wirtschaft durch die Invasion eine Rezession erlitten hatte.[17] Aufgrund der noch immer besetzten öffentlichen Gebäude wurde das Moskauer Abkommen abgelehnt.[18] Hinzu kam, dass die Nachrichtenagentur Ceteka bombardiert wurde und einige Reformpolitiker Selbstmord begingen.[19] Trotz allem hatte die Tscheslowakei das Ziel, durch Vernunft und Einheit den Truppenabzug herbeizuführen und die Idee ihres neuen Wirtschaftsmodelles beizubehalten.[20] Obwohl es noch offene Fragen zwischen der BRD und der CSSR gab, dankten diese der BRD für die offenen Berichte über die Lage in der CSSR.[21] Dank mehrerer Verhandlungen konnten die tschechischen Politiker 2 wichtige Forderungen durchsetzen: Die sowjetischen Einheiten verließen mit Ausnahme von 100 000 Mann an der Grenze zur BRD die CSSR und es kam zu dem Versprechen, dass jeder Staatsbürger in Zukunft in Sicherheit und Freiheit leben könne. Dies kann vor allem dadurch erklärt werden, dass die Sowjetunion beschwichtigend auf die westlichen Bruderparteien einwirken wollte, damit diese an den Verhandlungstischen beim kommunistischen Welttreffen in Moskau möglichst vollständig erschienen.[22]

 

Interpretation

Betrachtet man den Zusammenhalt zwischen BRD und CSSR während der Krise, welche durch die Invasion der Truppen des Warschauer Paktes, angeführt von der Sowjetzone, hervorgerufen wurde, so erkennt man, dass die BRD einer der Staaten war, welcher die CSSR in dieser Zeit am meisten unterstützte, obwohl die BRD auch als Auslöser für die Krise gesehen wurde. Diese herausragende Leistung Deutschlands kann dadurch begründet werden, dass die analysierten Zeitungsberichte ebenfalls von Bürgern der BRD verfasst worden sind. So stellten die Zeitungsreporter die Bürger als eine pilgernde Masse zur tschechischen Botschaft dar und legten so den Fokus auf die außenpolitische Friedenspolitik. Die DDR hingegen wurde als eine Art Zerstörer dieser Friedenspolitik gesehen, da sie sich an dem Angriff auf die CSSR beteiligte. Dies war auch der Grund, weshalb sich die BRD von der DDR distanzierte und die Friedensverhandlungen einstellte. Dadurch, dass die CSSR sich mit der BRD verbunden fühlte und diese die kommunistische Lebensweise nicht als ihre akzeptieren konnte, wurde sie von der Sowjetzone als Bedrohung für den Warschauer Pakt angesehen, da ein Widerstand gegen die kommunistische Lebensweise von der CSSR zu erwarten war. Dieser Konkurrenzgedanke zeigt sich daran, dass die Besatzungstruppen des Warschauer Paktes in der CSSR zum Großteil an der Grenze zur BRD stationiert waren. Auch der nicht vorhandene Post- und Telefonverkehr sowie die versperrten Reisewege sind weitere Indizien dafür. Wegen der Tatsache, dass die BRD ebenso wie die anderen Weststaaten nicht kommunistisch war, wurde sie als Auslöser für die Invasion angesehen und die Sowjetzone wollte somit einen Bruch in der Verbundenheit zwischen CSSR und BRD erzielen. Die BRD wehrte sich gegen diese Vorwürfe mit der Begründung, dass der eigentliche Grund für die Invasion der Wunsch nach Erweiterung der Sowjetzone wäre. Diese Aussage kann man mit dem Zeitungsartikel vom 4. September belegen, in welchem steht, dass „der Kreml lieber die Freiheit unterdrückt, als seine Macht zu verlieren“[23]. Unter dem Motto „Niemand ist zu dumm, selbst zu denken“[24] wurden viele Protestaktionen von Bürgern des Warschauer Paktes, vor allem Ostberlinern, veranstaltet. Diese Unterstützung zeigt, dass das Volk den Entscheidungen der Regierung nicht zustimmte. Sie hatten Mitleid mit der CSSR und wollten nun selbst gegen die Besetzung vorgehen. Dass es sowohl in der BRD als auch in der DDR Proteste für die CSSR gab, verdeutlicht, dass schon damals eine tiefe Verbundenheit zwischen den beiden Staaten bestand und man sich unabhängig von der Wirtschaftsform gegenseitig half. Dies lässt sich in den Ereignissen von 1989[25] wiederfinden, in denen Deutschland die Unterstützung der CSSR bekommt. Auch als die Verhandlungen zwischen SU und Tschechoslowakei erneut auf Erfolg hindeuteten, gingen die Proteste in Deutschland weiter, was auf einen großen Friedenswillen der deutschen Bevölkerung zurückzuführen war. Durch die Invasion des Warschauer Paktes und die Einmischung von Seiten der BRD kam es fast zu einem Wiederaufleben des Kalten Krieges, welcher aber durch den teilweisen Abzug der Truppen aus der CSSR verhindert wurde. Man muss bei all diesen Aussagen jedoch beachten, dass die Zeitungsartikel von BRD-Bürgern stammten, welche erstens gegen die kommunistische Lebensart waren und zweitens durch den Einfluss von Frankreich, Großbritannien und den USA eine schlechte Meinung gegenüber der Sowjetzone vertraten. So ist es schwierig festzustellen, ob die BRD lediglich gegen die kommunistischen Reformen in der Tschechoslowakei war oder ob sie sich aktiv Konterrevolutionär verhielt. Dies ist jedoch durch die Friedenspolitik, vertreten durch die BRD, unwahrscheinlich.

 

 

 

 

 

 

 

Quellenverzeichnis

10.  Rhein-Zeitung 196, Jg. 23, „Brief aus der Zone enthüllt: Angriff gegen die CSSR war lange vorbereitet"

11.  Rhein-Zeitung 197, Jg. 23, „Warnung des BND mißachtet"

12.  Rhein-Zeitung 196, Jg. 23 „Koalition überdenkt ihre Politik"

13.  Rhein-Zeitung 196, Jg. 23 „Sowjetunion torpedierte Verurteilung"

14.  Rhein Zeitung 203, Jg. 23 „Protest im Kreml"

15.  Rhein-Zeitung 198, Jg. 23 „Prager Sieg im Kreml: Freiheit für die CSSR?"

16.  Rhein-Zeitung 199, Jg. 23 „Truppen ziehen „schrittweise" ab - Welchen Preis muss Prag zahlen?"

17.  Rhein-Zeitung 200, Jg. 23 „Prag: Voller Trauer das Schicksal tragen!"

18.  Rhein-Zeitung 201, Jg. 23 „Ungewißheit in Prag"

19.  Rhein-Zeitung 203, Jg. 23 „Rücktritt und Freitod auf der Tagesordnung"

20.  Rhein-Zeitung 207, Jg. 23 „Konservative in Prag beteuern: Wir sind keine Kollaborateure"

21.  Rhein-Zeitung 216, Jg. 23 „Prag kontert Kreml-Kritik"

22.  Rhein-Zeitung 210, Jg. 23 „Die Wahrheit verkünden!"

23.  Rhein-Zeitung 211, Jg. 23 „Prag: Allen Bürgern Rechtsschutz!"

24.  Rhein-Zeitung 221, Jg. 23 „Cernik: Bald Truppenabzug"

25.  Rhein-Zeitung 223, Jg. 23 „100000 Besatzer bleiben"

Rhein-Zeitung 205, Jg. 23 „Russen ohne Kontakt zum Volk“



[1]
                        [1] Vgl. erste Quelle

[2]
                        [2] Vgl. zweite und dritte Quelle

[3]
                        [3] Vgl. vierte Quelle

[4]
                        [4] Vgl. zweite, fünfte, sechste und siebte Quelle

[5]
                        [5] Vgl. achte Quelle

[6]
                        [6] Politiker der Sowjetunion und der CSSR regieren gemeinsam

[7]
                        [7] Streitaktion der gesamten Arbeiterschaft der Tschechoslowakei

[8]
                        [8] Vgl. neunte und zehnte Quelle

[9]
                        [9] Vgl. elfte Quelle

[10]
                        [10] Andauernde Friedensverhandlungen zwischen BRD und DDR für die nationale Einheit

[11]
                        [11] Vgl. zwölfte und dreizehnte Quelle

[12]
                        [12] Bericht zur Lage; Finanzbericht zum Haushalt der BRD 1969 vor dem Bundestag

[13]
                        [13] Vgl. 14. Quelle

[14]
                        [14] Am 5. April 1968 legte die KPC ein Aktionsprogramm vor, das die Grundlage des in den Wochen und Monaten zuvor eingeleiteten Reformkurses darstellte

[15]
                        [15] Vgl. 15. Quelle

[16]
                        [16] Vgl. 16. Quelle

[17]
                        [17] Vgl. 17. Quelle

[18]
                        [18] Vgl. 18. Quelle

[19]
                        [19] Vgl. 19. Quelle

[20]
                        [20] Vgl. 20. und 21. Quelle

[21]
                        [21] Vgl. 22. Quelle

[22]
                        [22] Vgl. 23., 24. und 25. Quelle

[23]
                Vgl. 26. Quelle

[24]           Vgl. 8. Quelle

[25]
                        [25] Vgl. Ausarbeitungen zu den Ereignissen um 1989